von Prof. Dr. Kerstin Merkel
Objekte des Brauchtums sind wichtig, wie das Gemälde des toten Christus in Meilenhofen zeigt. Es hängt im Bereich der Empore an der Südwand der St. Michael Kirche in Meilenhofen.
Dargestellt ist der tote Christus im Grab auf einem weißen Tuch liegend. Der Körper ist leicht zum Betrachter gedreht, eigentlich keine typische Stellung für einen Toten, der üblicherweise flach auf dem Rücken liegt. Doch hat diese Körperposition einen Sinn, der Betrachter soll mit einem Blick sämtliche Wundmale erfassen können:
die Nagelwunden an Händen und Füßen sowie der Einstich der Lanze sind regelrecht präsentiert. Die blau angelaufenen Lippen wie die leicht geöffneten Augen lassen keinen Zweifel daran, dass der Dargestellte tot ist.
Wozu diente dieses Gemälde? Es war Bestandteil eines „Heiligen Grabes“, das vielerorts in Bayern in den Tagen vor Ostern aufgebaut wird. Teils sind es Gemälde, teils Skulpturen, die den toten Christus in einem höhlenartigen Aufbau darstellen, umgeben von prächtigem Blumenschmuck, Kerzen und bunten Glaskugeln.
Eines der bekanntesten und ältesten „Heiligen Gräber“ befindet sich ganz in der Nähe, in der Hl.-Grab-Kirche in Eichstätt aus dem 12. Jahrhundert. Hier steht ein exakter Nachbau der Anlage in Jerusalem, in deren Grabkammer ein hölzerner Christus aufgebahrt ist.
Die Anlage ist zwar ganzjährig offen, aber an Ostern wird sie besonders mit passgenauen Bildtafeln und vor allem einer Fülle bunter Glaskugeln geschmückt.
Neben dieser festgebauten Grabanlage gibt es aber seit dem Mittelalter auch temporäre Bauten, die vor Ostern errichtet und danach wieder abgebaut wurden. Die Ostermysterien wurden aufwändig inszeniert, oft mit lebenden Bildern nachgespielt und wirkten wie Theaterstücke.
Man muss sich bewusst machen, dass die Menschen der Vergangenheit nicht gerade mit bunten Bildern verwöhnt waren und deshalb diese Inszenierungen eine große emotionale Wirkung auf die Betrachter entfalteten. Das Sterben und die Auferstehung wurden hier bildmächtig inszeniert.

Foto: Prof. Dr. Kerstin Merkel
Der Meilenhofener Christus dürfte aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammen. Er war Bestandteil einer solchen Inszenierung, wie man sie im Umland noch an vielen Orten findet. Leider wissen wir seitens des Heimatpflegevereins nichts darüber und würden uns freuen, falls bei den Meilenhofener Bürgern und Bürgerinnen noch Erinnerungen vorhanden sind. Bitte teilen Sie diese mit uns, damit wir auch weiterhin das Wissen über hiesiges Brauchtum bewahren können.
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